Tätigkeitsbericht 1998
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Jahresbericht 1998
des Berliner Datenschutzbeauftragten

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5.  

TELEKOMMUNIKATION UND MEDIEN

 

5.1

Schichtenmodell im Telekommunikationsrecht

Das Telekommunikations- und Medienrecht hat in den vergangenen Jahren elementare Änderungen erfahren. Vor dem Hintergrund der Liberalisierung der Telekommunikation, die zu Beginn des vergangenen Jahres mit der endgültigen Beseitigung des staatlichen Monopols für Telekommunikationsnetze und Sprachtelefonie ihren Abschluss gefunden hat, sowie der stürmischen Entwicklung des Internets als globales elektronisches Kommunikationsmedium und der Intranets als unternehmens- oder behördeninternes Pendant, haben sich auch die rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich fortentwickelt. Entstanden ist ein kompliziertes Regelungswerk, das dem Datenschutz erhebliche Bedeutung einräumt. Die zum ersten Mal im Berliner Bildschirmtexterprobungsgesetz von 1981 angelegten und später in der Telekommunikationsordnung und dem Bildschirmtextstaatsvertrag von 1986 fortentwickelten speziellen Datenschutzvorschriften durchdringen nun alle Bereiche der Telekommunikation - mit der Einfügung entsprechender Bestimmungen in den Rundfunkstaatsvertrag wird auch der Bereich der technischen Abwicklung des Rundfunks demnächst abgedeckt.

Das vergangene Jahr war geprägt von Bemühungen der Telekommunikationsanbieter, Diensteanbieter und Unternehmen und Behörden, die komplizierten und teilweise nicht widerspruchsfreien Bestimmungen in die Praxis umzusetzen.

Als schwierige Klippe stellte sich die Abgrenzung der einzelnen Regelungsbereiche heraus. Im Gegensatz zum gewohnten juristischen Denken, das bemüht ist, für bestimmte Sachverhalte jeweils den, aber auch nur einen geeigneten rechtlichen Rahmen zu finden, erfordert die Regelung der Telekommunikation ein Denken in Schichten, das in der Telekommunikationstechnik seit der Entwicklung moderner Netzstrukturen gängig ist. So unterscheidet das Open Systems Interconnection (OSI) - Referenzmodell der International Organization for Standardization (ISO) sieben übereinandergelagerte Schichten, deren Kommunikationsabläufe jeweils gesondert mit Hilfe von Kommunikationsprotokollen geregelt werden.

Die Schichten umfassen auf der untersten Ebene den physikalische Vorgang der Signalübertragung, darübergelagert sind Übertragungssicherung und die Vermittlung im Netz. Während diese Vorgänge netzwerkabhängig sind und von denjenigen Stellen erbracht werden, die den Transport im Netz bewerkstelligen, richten sich die darübergelagerten Schichten an die Teilnehmer der Kommunikation selbst: Sie betreffen zum einen die Kommunikation zwischen den beteiligten Endgeräten, insbesondere die jeweilige Kommunikationsform, zum anderen die Darstellung und Verarbeitung des Inhalts der Informationen (Diensteschicht). Wichtig ist, dass bei jedem Telekommunikationsvorgang alle Schichten beteiligt sind, wenn auch möglicherweise mehr oder weniger ausgeprägt.

Eine adäquate juristische Regelung muss dieser Denkweise folgen, nur dann ist eine klare Abbildung rechtlicher und damit auch datenschutzrechtlicher Probleme auf die Architektur der Telekommunikation möglich.

Die deutsche Telekommunikationsgesetzgebung ist diesem Modell gefolgt, wenn auch die Schichten gebündelt werden und es eine Vielzahl von Unschärfen gibt, die auf die Entwicklung der Telekommunikation, aber auch auf eine bis heute noch nicht hinreichende theoretische Durchdringung der Materie zurückzuführen sind.

Das auf dem alten Fernmeldeanlagenrecht fußende Telekommunikationsgesetz (TKG) von 1996 richtet sich an die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen, also an diejenigen Stellen, die für den "technischen Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten" (§ 3 Ziff.16 TKG), mithin für die Abwicklung der unteren Schichten verantwortlich sind.

Die Anbieter von Tele- und Mediendiensten, die die besonderen Kommunikationsformen im Netz (E-Mail, Surfen im Internet, Dateienabruf (file transfer, ftp)) ermöglichen, unterliegen dem Art.1 (Teledienstegesetz (TDG)) und Art.2 (Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG)) des IuK-Gesetzes von 1997[179] bzw. dem Mediendienste-Staatsvertrag. Dass die Sprachtelefonie als spezielle Kommunikationsform gleichwohl im Rahmen des TKG geregelt ist, gehört zu den historisch gewachsenen Unschärfen der Gesetzgebung.

Von der Dienstebene zu unterscheiden ist die Regelung der Inhalte selbst, und zwar deren Darstellungsform (Daten, Texte, Sprach- und Bildinformationen) und deren Verarbeitung. Hier greifen diejenigen Regelungen, die auch für die entsprechenden Inhalte außerhalb der Netze gelten ("Offline-Recht").

Auch bei der rechtlichen Betrachtung der Telekomunikation gilt, dass stets alle drei Ebenen zu berücksichtigen sind: Das im vergangenen Jahr viel diskutierte Problem der Kinderpornografie im Internet[180] muss damit unter den Gesichtspunkten
  • strafbarer Inhalte (StGB als Offline-Recht),
  • der Verantwortlichkeit derjenigen Unternehmen, die den Zugang zu diesen Inhalten ermöglichen (Tele- bzw. Mediendiensterecht)
  • und des Transports durch die Netze (TKG) betrachtet werden.
Auf der Ebene der Netze hat der Telekommunikationsanbieter wegen des Fernmeldegeheimnisses keine Eingriffsmöglichkeiten; hier müssen die Strafverfolgungsbehörden von ihren spezifischen Eingriffsbefugnissen (§ 100a f. StPO, § 88 TKG i.V.m. der Fernmeldeüberwachungsverordnung) Gebrauch machen.

Diese für Juristen ungewohnte Denkweise der Parallelgeltung verschiedener Regelungswerke stellt die Rechtsanwender vor erhebliche Probleme. Der Beratungsbedarf sowohl auf Seiten der Anbieter (Telekommunikationsunternehmen, Diensteanbieter und Gestalter inhaltlicher Angebote ("Content Provider")) als auch auf Seiten der Unternehmen und Behörden als Nutzer ist erheblich. Auch die für die Kontrolle des Datenschutzes zuständigen Stellen (Bundesbeauftragter für den Datenschutz, Landesbeauftragte, Aufsichtsbehörden, Rundfunkbeauftragte) stehen vor großen Herausforderungen. Gerade der Berliner Datenschutzbeauftragte, der sich von Anfang an intensiv um Probleme des Datenschutzes bei der Telekommunikation bemüht hat, war hier in besonderer Weise gefordert.

Koordination der Datenschutzkontrolle im Telekommunikations-, Tele- und Mediendienstebereich

Die Überschneidung der Gesetzgebungsmaterien Telekommunikation sowie der Tele- und Mediendienste und die Verteilung der Datenschutzkontrollkompetenz in den jeweiligen Bereichen machen zur Sicherstellung einer bundesweit effizienten und gleichmäßigen Kontrolle eine verstärkte Koordination der beteiligten Aufsichtsbehörden erforderlich. Hier sind dem Berliner Datenschutzbeauftragten wichtige Aufgaben anvertraut worden: Zum einen ist uns durch den "Düsseldorfer Kreis" (das Koordinationsgremium der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im privaten Bereich) der Vorsitz der Arbeitsgruppe "Telekommunikations-, Tele- und Mediendienste" des "Düsseldorfer Kreises" übertragen worden; andererseits hat die Arbeit im bereits Ende 1997 vom Berliner Datenschutzbeauftragten eingerichteten "Kooperationskreis IuK-Datenschutz" - einem Koordinationsgremium, in dem neben dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und den ministeriellen Aufsichtsbehörden für den privaten Bereich auch die unabhängigen Rundfunkdatenschutzbeauftragten sowie die Landesmedienanstalten vertreten sind - Tritt gefasst. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für eine gleichmäßige und koordinierte Anwendung der oben genannten Rechtsvorschriften gegeben.

Während der Vorsitz im deutschen Arbeitskreis Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten nach Brandenburg [LINK] wechselte, behielt der Berliner Datenschutzbeauftragte den Vorsitz der Internationalen Arbeitsgruppe Datenschutz in der Telekommunikation (International Working Group on Data Protection in Telecommunications). Diese traf sich am 14./15. April 1998 in Hong Kong. In der sehr fruchtbaren Sitzung wurden gleich vier Beschlüsse verabschiedet: Grundsätze für datenschutzfreundliche Technologien im WWW, Gemeinsamer Standpunkt zum Datenschutz bei Suchmaschinen im Internet, Datenschutz bei invertierten Telefonverzeichnissen und Veröffentlichungspflichten beim Abhören privater Telekommunikation[181]. In der Sitzung am 9./10. November 1998 in Berlin wurden der Datenschutz bei den künftigen Verfahren der Domainnamenvergabe und bei der Verbreitung öffentlich zugänglicher Daten im Internet als künftige Beratungsthemen festgelegt.

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5.2

Telekommunikationsnetze

Gesetzgebung

Umsetzung der ISDN-Richtlinie in das bundesdeutsche Recht

Die am 1. Dezember 1997 verabschiedete Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (früher ISDN-Richtlinie)[182] bestimmt in ihrem Artikel 15 Abs.1 eine Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten bis zum 24. Oktober 1998. Die Bundesregierung hat diese Frist verstreichen lassen, ohne die erforderlichen Anpassungen in der Telekommunikationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung (TDSV)[183] vorzunehmen. Wir haben gegenüber dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz eine umfangreiche Stellungnahme mit Empfehlungen zur Novellierung der TDSV abgegeben. Über den sich aus der Richtlinie ergebenden Anpassungsbedarf hinaus sollte der Verordnungsgeber die Möglichkeit nutzen, die bereits im Bereich der Tele- und Mediendienste[184] niedergelegten Grundsätze der datensparsamen Gestaltung von Diensten auch auf den Telekommunikationsbereich auszuweiten. Neben der von uns in den zurückliegenden Jahren bereits mehrfach geforderten Einführung des "holländischen Modells", bei dem der angerufene Teilnehmer ein Wahlrecht erhält, ob seine Telefonnummer auf Einzelverbindungsnachweisen der Anrufenden ausgewiesen wird[185], sollte der Verordnungsgeber hier auch Rahmenbedingungen für den Einsatz datenschutzfreundlicher Technologien in der Telekommunikation[186] durch die Eröffnung der Möglichkeit der anonymen bzw. pseudonymen Nutzung auch von Telekommunikationsdiensten fördern.

Verhältnis von Fernmeldegeheimnis zur Landesgesetzgebung und zu Dienst- und Betriebsvereinbarungen

Zur Frage, in welchem Verhältnis die Vorschriften über das Fernmeldegeheimnis nach § 85 TKG zur Landesgesetzgebung und zu Dienst- und Betriebsvereinbarungen stehen, hat der Kooperationskreis "IuK-Datenschutz" auf seiner Sitzung am 08.09.1998 folgende gemeinsame Position verabschiedet:

Die Vorschriften zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses nach § 85 TKG beschränken den Umfang der vom geschäftsmäßigen Betreiber einer Telekommunikations-Nebenstellenanlage zulässigerweise zu gewinnenden Erkenntnisse über Inhalt und nähere Umstände der Telekommunikation auf das für die Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß (§ 25 Abs.3 TKG). Für landesgesetzliche Regelungen ist insoweit kein Raum. Die zulässiger Weise gewonnenen Erkenntnisse sind zweckgebunden zu verwenden; Abweichungen von der Zweckbindung sind nur aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift zulässig (§ 85 Abs.3 Satz 3 TKG).

Betreiber von Telekommunikations-Nebenstellenanlagen (z.B. Arbeitgeber), die den Beschäftigten Telekommunikationsdienste zur privaten Nutzung zur Verfügung stellen, haben insoweit das Fernmeldegeheimnis zu wahren. Auswertungen über private Verbindungen sind auf das für eine Kostenerstattung unerlässliche Maß zu beschränken; weder durch Landesgesetz noch durch Dienst- oder Betriebsvereinbarung kann diese Beschränkung ausgeweitet werden.

Soweit Beschäftigte mit Hilfe einer Telekommunikations-Nebenstellenanlage dienstlich (d.h. durch den Arbeitgeber) veranlasste Telekommunikationsdienste in Anspruch nehmen, ist für den Einwirkungsbereich des Betreibers der Nebenstellenanlage der 11.Teil des TKG nicht unmittelbar anwendbar. Dem Betreiber (Arbeitgeber) bleibt daher ein Handlungsrahmen, in dem er unter ordnungsgemäßer Beteiligung der Arbeitnehmervertretung (Betriebs- bzw. Personalrat) und unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung zum Arbeitnehmerdatenschutz Festlegungen (auch in Form von Dienst- oder Betriebsvereinbarungen) über Art und Umfang möglicher Auswertungen von Verbindungsdaten, u.U. aber auch von Telekommunikationsinhalten treffen kann.

Anwendung des § 90 TKG auf Nebenstellenanlagen in Krankenhäusern

Zur Frage, ob die Verpflichtung des § 90 TKG zur Führung von gesonderten Kundendateien und zur Bereithaltung dieser Dateien zum Online-Abruf durch die Regulierungsbehörde [LINK] auch Nebenstellenanlagen in Krankenhäusern betrifft, hat der Kooperationskreis "IuK-Datenschutz" auf seiner Sitzung am 12./13.02.1998 folgende gemeinsame Position gefasst:

Die Pflicht zur Führung von gesonderten Kundendateien und zur Bereithaltung dieser Dateien zum Online-Abruf durch die Regulierungsbehörde nach § 90 TKG gilt nicht für Nebenstellenanlagen in Krankenhäusern, sondern lediglich für die Deutsche Telekom AG und ihre Konkurrenten auf dem liberalisierten Telekommunikationsmarkt. § 90 TKG verfolgt das Ziel, den Gerichten, Sicherheitsbehörden und Geheimdiensten auf dem liberalisierten Telekommunikationsmarkt auch bei einer Vielzahl von konkurrierenden Anbietern die Ermittlung eines bestimmten Anschlussinhabers zu ermöglichen, gegen den u.U. Maßnahmen der Telefonüberwachung angeordnet werden sollen. In der Monopolsituation im Sprachtelefondienst bis Ende 1997 war dies jedenfalls im Festnetz insoweit problemlos möglich, als die Deutsche Telekom AG zur Auskunft über jeden Hauptanschlussinhaber verpflichtet werden konnte. Auch bisher war es allerdings durch Online-Abruf beim Netzbetreiber möglich, die Namen von Patienten in Erfahrung zu bringen, die in einem bestimmten Zeitraum Nebenstellenanschlüsse eines Krankenhauses genutzt haben, weil die Deutsche Telekom AG über diese Informationen nicht verfügte. Der Bundesgesetzgeber wollte diesen Rechtszustand nicht ändern, sondern lediglich bei der Vielzahl jetzt konkurrierender Telekommunikationsunternehmen die Ermittlungsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden nicht einschränken. Für eine Erweiterung der Zugriffsmöglichkeiten über den bisherigen Rechtszustand hinaus besteht kein Anlass. Insbesondere wäre ein bundesweiter zentraler Zugriff auf Patientendateien neben der Krankenhausmeldepflicht (§ 16 Abs.3 MRRG) unverhältnismäßig. § 90 TKG ist insoweit restriktiv auszulegen.

Überwachung des Telekommunikationsverkehrs

Für erhebliches Aufsehen in der Öffentlichkeit sorgte der im Juni 1998 öffentlich bekannt gewordene Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für eine Telekommunikations - Überwachungsverordnung (TKÜV), die die veraltete Fernmeldeüberwachungsverordnung (FÜV) ersetzen sollte. Am Rande sei angemerkt, dass der im Juni lancierte Entwurf bereits vom Dezember des Vorjahres datierte und auch den Landesdatenschutzbeauftragten bis dahin nicht zugeleitet worden war. Wie bereits die Vorgänger-Verordnung FÜV soll die TKÜV regeln, welche technischen Maßnahmen Telekommunikationsanbieter zu treffen haben, um den so genannten "Bedarfsträgern" (d.h. Sicherheitsbehörden- und Nachrichtendiensten) die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs ihrer Kunden technisch zu ermöglichen. Jedoch kann von einer einfachen Anpassung der Regelungen der alten Fernmeldeüberwachungsverordnung an die Bedingungen des liberalisierten Telekommunikationsmarktes keine Rede sein: Während sich die - gegenwärtig noch fortgeltende - Fernmeldeüberwachungsverordnung an Betreiber von Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, richtet, sollte nach dem TKÜV-Entwurf vom Mai 1998 der Kreis der Verpflichteten auf alle Betreiber einer Telekommunikationsanlage ausgedehnt werden. Welche neue Dimension im Hinblick auf die überwachungsgerechte Anpassung der Telekommunikationsinfrastruktur damit erreicht wird, zeigt ein Blick in die Begriffsbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Danach sind Telekommunikationsanlagen "... technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können"[187]. Darunter kann im Prinzip jede Nebenstellenanlage fallen, gleichgültig, ob diese lediglich zum eigenen Gebrauch betrieben oder Dritten zur Nutzung überlassen wird. Zwar schränkt der Entwurf selbst in § 20 den Kreis der Verpflichteten in gewisser Weise ein. Welche Haltung der Autoren diesem Entwurf zugrunde liegt, verdeutlicht jedoch eine Anmerkung im Entwurf der amtlichen Begründung in der Verordnung. Dort heißt es: "Künftig wird das Paket 'technische Einrichtungen zur Überwachung der Telekommunikation' zum standardmäßigen Angebot einer Telekommunikationsanlage gehören." Selbstverständlich müssen solche Einrichtungen auf Kosten der Verpflichteten beschafft und betrieben werden.

Entsprechend groß war die Empörung in der Wirtschaft. Nachdem einige Unternehmen die ihnen durch die Vorhaltung technischer Einrichtungen und sicherheitsüberprüften Personals vermutlich entstehenden Kosten durchgerechnet hatten, ging ein Sturm der Entrüstung durch die Medienlandschaft, wie er in Fragen des Datenschutzes sonst nur selten zu verzeichnen ist. Daraufhin beraumte das aufgeschreckte Bundeswirtschaftsministerium eilig eine Anhörung für den Juni 1998 an, die eine Woche vor dem vorgesehenen Termin um einen Monat verschoben und dann in letzter Minute ersatzlos abgesagt wurde. Es ist davon auszugehen, dass der Kreis der Verpflichteten erheblich eingeschränkt werden wird. Gegebenenfalls sollte man auch vor einer Novellierung des auch aus anderen Gründen problematischen 11.Teils des Telekommunikationsgesetzes (TKG) nicht zurückschrecken.

Im Gegensatz zur Überwachung der Inhalte der Telekommunikation nach §§ 100a ff. StPO gestattet § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG), der nach den verschiedenen Reformen des Telekommunikationsrechts noch als Torso des aus dem Jahre 1928 stammenden Gesetzes[188] übrig ist, eine nahezu unbeschränkte Übermittlung von Verbindungsdaten zur Starfverfolgung. Mehrfach hatten wir in den zurückliegenden Berichtsjahren die Ersetzung dieser Bestimmung durch eine verfassungskonforme Regelung in der Strafprozessordnung (StPO) angemahnt. Im Zuge der Beratungen für das "Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz" im Jahre 1997[189] hatte der Innenausschuss des Bundestages die Bundesregierung aufgefordert, bis spätestens April 1998 eine verfassungskonforme Lösung zu finden, und eine Verlängerung des § 12 FAG über das Jahr 2000 explizit abgelehnt. Jedoch hat es die (alte) Bundesregierung wiederum versäumt, einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Es steht zu hoffen, dass die Bundesregierung das Jahr 1999 nutzen wird, um diesen Zustand zu beenden.

Zum Ende des Berichtszeitraums hat das Satellitentelefonnetz "Iridium", [LINK] das aus derzeit 66 Low-Earth-Orbit-Satelliten besteht, seinen Betrieb aufgenommen. Damit ist erstmals ein Dienst auf dem Markt verfügbar, der eine im Prinzip weltweite Erreichbarkeit unter einer einheitlichen Rufnummer unter Nutzung von Endgeräten ermöglicht, die hinsichtlich Abmessung und Gewicht den in den terrestrischen Mobilfunknetzen gebräuchlichen Handys entsprechen. Iridium ist ein Gemeinschaftsprojekt einer Investorengruppe, an dem unter anderem das Gemeinschaftsunternehmen von RWE und Veba, Otelo sowie Motorola und Kyocera beteiligt sind. Weitere vergleichbare Projekte anderer Konsortien sollen folgen.

Die Einführung solcher globalen Dienste wirft eine Reihe bisher ungelöster datenschutzrechtlicher Fragen auf: Während die bundesdeutschen Firmen, die Iridium in Zukunft vermarkten werden, hinsichtlich der Verarbeitung von Daten ihrer Kunden zweifelsfrei den bundesdeutschen Datenschutzbestimmungen des Telekommunikationsgesetzes und der dazu ergangenen Rechtsverordnung unterliegen werden, für deren Kontrolle der Bundesbeauftragte für den Datenschutz zuständig ist, können die für den Betrieb des Systems erforderlichen technischen Einrichtungen auch in solchen Ländern installiert werden, die über gar keine oder nur über unzureichende Datenschutzbestimmungen verfügen. Selbst die Koordination der Aufsichtsinstanzen in den Ländern, die über solche Kontrollgremien verfügen, dürfte in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten aufwerfen. Völlig offen ist die Frage, wer für die Datenverarbeitung im Raumsegment verantwortlich ist und welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen für diesen Teil der Verarbeitung gelten. Der einschlägige Weltraumvertrag[190] enthält keine diesbezüglichen Regelungen. Die derzeit weit reichendste völkerrechtliche Regelung zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses enthält Artikel 37 des Internationalen Fernmeldevertrags, der im Rahmen der internationalen Fernmeldeunion geschlossen wurde. Artikel 37 des Internationalen Fernmeldevertrags verpflichtet die Mitglieder, " ... alle nur möglichen Maßnahmen zu treffen, die mit dem verwendeten Fernmeldesystem vereinbar sind, um die Geheimhaltung der Nachrichten im internationalen Verkehr zu gewährleisten". Gleichzeitig behalten sich die Mitglieder jedoch das Recht vor, "... den zuständigen Behörden von diesem Nachrichtenverkehr Kenntnis zu geben, um die Anwendung ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder die Ausführung internationaler Übereinkommen, deren Vertragspartner sie sind, zu sichern"[191]. Ob damit auch ein befriedigendes Schutzniveau für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Telekommunikation im Raumsegment gewährleistet wird, ist offen.

Das Beispiel Satellitentelefonie verdeutlicht einmal mehr, dass der Schutz der Betroffenen durch nationales Recht allein im Zeitalter der globalen Telekommunikation nicht mehr zu gewährleisten ist.

Es kann kaum verwundern, dass die Globalisierung der Telekommunikationsinfrastruktur und die Einführung neuer satellitengestützter Dienste auch die Sicherheitsbehörden auf den Plan gerufen hat. Laut Presseberichten findet bereits mindestens seit 1996 eine internationale Kooperation zwischen den Staaten der Europäischen Union und den USA, Kanada, Norwegen, Australien und Neuseeland statt, bei der die Staaten auf ihrem jeweiligen Gebiet sicherstellen, dass Anbieter satellitengestützter Kommunikationssysteme den Sicherheitsbehörden einen Zugang zu den dort übertragenen Daten eröffnen[192].

Im September 1998 wurde ein Entwurf für eine Entschließung des Rates der Europäischen Union über die rechtmäßige Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in Bezug auf neue Technologien öffentlich bekannt[193]. Dort wird unter Bezugnahme auf die Entschließung des Rates vom 17. Januar 1995 über rechtmäßige Überwachung von Telekommunikation[194] die Fortschreibung der dort festgelegten Anforderungen im Hinblick auf neue Technologien, wie beispielsweise mobile satellitengestützte Dienste und öffentliche auf IP basierende (Internet-)Dienste, vorgenommen. Im Wesentlichen wird dort gefordert, dass die Betreiber geeignete technische Maßnahmen treffen sollen, um eine lückenlose Überwachung des gesamten über die betreffenden Dienste übertragenen Datenvolumens im Hinblick auf bestimmte Benutzer durch die dazu ermächtigten Sicherheitsbehörden in Echtzeit zu ermöglichen. Auf das Fernmeldegeheimnis oder andere einschlägige Bestimmungen zum Schutz der Betroffenen wird in den Papieren überhaupt nicht Bezug genommen. Eine Erörterung von Datensicherheitsmaßnahmen erfolgt allerdings insofern, als die Betreiber sicherstellen sollen, dass die abgehörten Daten nur an die berechtigten Sicherheitsbehörden und nicht an unbefugte Dritte übertragen werden.

Bedenklich erscheint insbesondere, dass hier offensichtlich unter Umgehung der nationalen parlamentarischen Kontrollgremien der Mitgliedstaaten eine europa-, wenn nicht weltweite Infrastruktur geschaffen werden soll, die eine lückenlose Überwachung prinzipiell jeden Kommunikationsvorganges zulässt. Darüber, welche gesellschaftlichen Risiken mit der Einrichtung derartiger Infrastrukturen verbunden sind, scheinen sich die Autoren keine Gedanken zu machen. Insofern gilt der Entwurf für die Ratsentschließung sogar noch über den deutschen Entwurf der TKÜV hinaus. Das Papier liest sich wie ein Wunschzettel der Sicherheitsbehörden. Da nicht zu erwarten ist, dass die Entschließung noch unter der jetzigen Ratspräsidentschaft verabschiedet werden wird, wird das Papier vermutlich im Jahre 1999 unter der dann deutscher Präsidentschaft weiter behandelt werden. Es steht zu hoffen, dass die Bundesregierung ihre Position dafür nutzen wird, hier einige Streben hinsichtlich der Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Teilnehmer am weltweiten Telekommunikationsverkehr einzuziehen.

Schon jetzt wird jedoch offensichtlich der internationale Telekommunikationsverkehr in großem Umfang durch die Geheimdienste anderer Staaten - namentlich der amerikanischen "National Security Agency (NSA)"- abgehört: In einem Bericht an das Europäische Parlament, der im Januar 1998 veröffentlicht wurde[195], wird auf das globale Überwachungssystem "ECHELON" hingewiesen, mit dem von verschiedenen Orten in Neuseeland, den USA, Australien, Hongkong und Großbritannien die wichtigsten "Intelsat"-Satelliten abgehört werden, über die ein Großteil der satellitengestützten Telefongespräche, Internetverbindungen, E-Mails sowie Telefax- und Telexnachrichten abgewickelt wird. Dieses System ist offensichtlich in der Lage, anhand von Schlüsselwort-Katalogen, die in verschiedenen Sprachen vorliegen, aus dem globalen Datenstrom diejenigen Nachrichten herauszufiltern, die ein bestimmtes gesuchtes Schlüsselwort oder mehrere dieser Begriffe enthalten. Dem Bericht zufolge können neben der NSA offensichtlich auch entsprechende Stellen in den übrigen beteiligten Ländern auf diese Daten zugreifen. Unklar ist hingegen, für welche Zwecke die abgehörten Daten verwendet werden.

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5.3

Tele- und Mediendienste

Evaluierung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG)

Bei der Verabschiedung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) im Jahr 1997 hatte der Bundestag der Bundesregierung eine Evaluierung der neuen Regelungen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nach In-Kraft-Treten des Gesetzes auferlegt[196]. Mit dem Neuzuschnitt der Ressorts in der Folge der Bundestagswahl ist die Zuständigkeit für die Evaluierung des IuKDG unterdessen vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie zum Bundesministerium für Wirtschaft verlagert worden. Im zurückliegenden Zeitraum konzentrierte sich die Evaluierungsdiskussion überwiegend auf Fragen der Anbieterverantwortung für Inhalte von Internet-Angeboten[197].

Das Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG; Artikel 2 des IuKDG) hat sich in der Praxis der Datenschutzbeauftragten und der Aufsichtsbehörden überwiegend bewährt. Bestehende Anwendungsprobleme des Telekommunikations-, Mediendienste- und Telediensterechts werden fortlaufend in enger Kooperation der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, der Datenschutzaufsichtsbehörden für den nicht-öffentlichen Bereich sowie der Rundfunkdatenschutzbeauftragten und der Datenschutzbeauftragten der Landesmedienanstalten geklärt.

Im Hinblick auf die zunehmende Internationalisierung der Teledienste im Zusammenhang mit dem aufkommenden "Global Electronic Commerce" wäre es jedoch sinnvoll, wenn das bereits jetzt in § 17 des Mediendienste-Staatsvertrages (MDStV) vorgesehene Datenschutz-Audit auch in das TDDSG aufgenommen würde. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Bemühungen verschiedener - vor allem in den USA ansässiger - Anbieter zur Datenschutzzertifizierung von Angeboten im Internet[198]. Im Rahmen eines Datenschutz-Audits könnten Qualitätsnormen definiert und umgesetzt werden, die datenschutzkonformen deutschen Angeboten und Anbietern auch auf internationaler Ebene ein Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten.

In der Praxis hat es sich zunehmend als Problem herausgestellt, dass im Internet eine sichere Authentifizierung von Anbietern und Nutzern von Telediensten nicht in ausreichendem Maße gewährleistet ist. Dass im Internet eine Vertraulichkeit der Datenübertragung nicht generell sichergestellt ist, ist ein weiteres Hindernis für die geschäftliche Nutzung. Aus diesem Grunde sollten Projekte zur Entwicklung von Sicherheitsinfrastrukturen - auch mit öffentlichen Mitteln - verstärkt gefördert werden. In diesem Zusammenhang käme Projekten, die die Umsetzung des Gebotes zur Datensparsamkeit nach § 3 Abs.4 TDDSG zum Gegenstand haben, besondere Bedeutung zu, insbesondere aber solchen Projekten, die sich mit Möglichkeiten der anonymen und pseudonymen Nutzung des Internet befassen.

Das TDDSG sollte analog den Vorschriften des § 20 MDStV um einen Ordungswidrigkeitenkatalog ergänzt werden.

Vor dem Regierungswechsel war in der Presse verschiedentlich über Pläne des Bundesinnenministeriums berichtet worden, bei einer eventuellen Novellierung des Teledienstegesetzes die Anbieter von Telediensten dazu zu verpflichten, den Sicherheitsbehörden Bestandsdaten ihrer Kunden zu übermitteln oder diese - analog den jetzt geltenden Regelungen des § 90 TKG - sogar elektronisch zum Abruf bereitzuhalten. Derartige Bestrebungen konnten sich bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zum IuKDG aus guten Gründen nicht durchsetzen; die Einführung solcher Verpflichtungen für die Anbieter wird von uns nach wie vor entschieden abgelehnt. Es steht zu hoffen, dass die neugewählte Bundesregierung dieses Vorhaben nicht weiterverfolgen wird.

Geltung des Fernmeldegeheimnisses für Anbieter von Tele- und Mediendiensten

Zu dieser Frage vertritt der Kooperationskreis "IuK-Datenschutz" die Auffassung, dass das Fernmeldegeheimnis auch Anbieter von Telediensten bindet. Das Teledienstegesetz gilt für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Zeichen bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikations zugrunde liegt (§ 2 Abs.1 TDG). Sowohl das Teledienstegesetz als auch das Teledienstedatenschutzgesetz setzen an mehreren Stellen die Geltung des Fernmeldegeheimnisses für Anbieter von Telediensten voraus (vgl. § 5 Abs.4 TDG; § 6 Abs.4 Satz 2 TDDSG). Der Diensteanbieter hat außerdem durch technisch-organisatorische Vorkehrungen u.a. sicherzustellen, dass der Nutzer Teledienste gegen Kenntnisnahme Dritter geschützt in Anspruch nehmen kann (§ 4 Abs.2 Nr.3 TDDSG). Das gesamte Teledienstedatenschutzgesetz enthält detaillierte Restriktionen für die Verwendung nutzerbezogener Daten durch Diensteanbieter. Allerdings unterliegen dem Fernmeldegeheimnis in erster Linie Nutzungs- und Abrechnungsdaten (wie auch - z.B. bei E-Mail - Inhaltsdaten, deren Verwendung im IuKDG nicht geregelt ist), nicht aber Bestandsdaten. Das Fernmeldegeheimnis, das seine Grundlage in Art.10 des Grundgesetzes und § 85 TKG hat, ragt insoweit von der Ebene des Telekommunikationsrechts aus auch in die durch TDG und TDDSG geregelte Diensteebene hinein. Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses beschränkt sich somit nicht auf die Ebene des physikalischen Netzes.

Erhebung und Verarbeitung von Nutzungs- und Abrechnungsdaten bei Tele- und Mediendiensten auf der Grundlage der Einwilligung

Verschiedentlich wurde die Frage aufgeworfen, ob auf der Grundlage der Einwilligung der Betroffenen auch Nutzungs- und Abrechnungsdaten über das in § 6 TDDSG bzw. § 5 MDStV genannte Maß hinaus verarbeitet werden dürfen. Die Arbeitsgruppe "Telekommunikation, Tele- und Mediendienste" des Düsseldorfer Kreises vertritt hierzu die Auffassung, dass auf der Grundlage der Einwilligung auch Nutzungs- und Abrechnungsdaten über das in den betreffenden Rechtsvorschriften genannte Maß hinaus verarbeitet werden dürfen, obwohl dies in den jeweiligen Paragraphen - im Gegensatz zu den entsprechenden Bestimmungen über Bestandsdaten - nicht ausdrücklich erwähnt ist. Allerdings sind auch an die Einwilligung inhaltliche Maßstäbe anzulegen, insbesondere der Erforderlichkeit der Daten für den jeweiligen Zweck.

Geltung des TDDSG für geschlossene Benutzergruppen und Verhältnis zu den Regelungen des § 10 BDSG

In der Arbeitsgruppe des Düsseldorfer Kreises wurde darüber hinaus erörtert, ob in Fällen, in denen ein Unternehmen den Zugriff auf seine Datenbestände für externe Kunden öffnet, das Teledienste-Recht durch die Regelungen des § 10 BDSG über die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren verdrängt wird. Beim Angebot derartiger Dienste handelt es sich nach überwiegender Auffassung um Teledienste im Sinne des TDG.

Allerdings ist nach Auffassung der Arbeitsgruppe in diesen Fällen eine Protokollierung über die Regelungen des TDDSG hinaus im Rahmen der Bestimmungen des § 10 BDSG möglich. Insbesondere § 10 Abs.4 BDSG ist insofern als "andere Rechtsvorschrift" im Sinne des § 3 Abs.1 TDDSG anzusehen. Dies gilt allerdings nur für geschlossene Benutzergruppen, da § 10 Abs.5 die Anwendung der übrigen Absätze des § 10 BDSG für den Abruf aus Datenbeständen, die jedermann ohne oder nach besonderer Zulassung zur Benutzung offen stehen, ausschließt.

Geltung von TDDSG und MDStV im Arbeitsverhältnis

Zu den wesentlichen Problemen der Anwendung von TDDSG und MDStV gehört die Frage, inwieweit diese Bestimmungen im Arbeitsverhältnis Anwendung finden können. Dies hätte unter anderem zur Folge, dass der Arbeitgeber (als Telediensteanbieter) den Arbeitnehmern (als Nutzern von Telediensten) im Regelfall die anonyme bzw. pseudonyme Nutzung dieser Dienste ermöglichen müsste. Zu den Tele- bzw. Mediendiensten gehört beispielsweise das World Wide Web (WWW), das sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in der Privatwirtschaft eine immer größere Verbreitung findet.

Nach der in der Arbeitsgruppe "Telekommunikation, Tele- und Mediendienste" des "Düsseldorfer Kreises" sowie im "Düsseldorfer Kreis" selbst abgestimmten Auffassung sind jedoch Arbeitgeber nicht als Tele- bzw. Mediendiensteanbieter anzusehen, soweit den Arbeitnehmern ausschließlich die dienstliche Nutzung der zur Verfügung gestellten Dienste gestattet und eine private Nutzung ausdrücklich ausgeschlossen ist. Dabei soll es keinen Unterschied machen, ob dem Arbeitnehmer lediglich unternehmensintern zur Verfügung gestellte Tele- bzw. Mediendienste zugänglich gemacht werden oder ob auch auf Angebote Dritter (z.B. über das Internet) zugegriffen werden kann. TDG und MDStV setzen voraus, dass es sich bei Diensteanbieter und Nutzer um zwei verschiedene Instanzen handelt. Dies ist bei Diensten, die dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellt werden, nicht der Fall (In-sich-Verhältnis).

Ist dagegen eine private Nutzung der Tele- bzw. Mediendienste zugelassen, so gelten hinsichtlich dieser privaten Nutzung für den Arbeitgeber die Vorschriften des TDG/TDDSG bzw. des MDStV in vollem Umfang. In diesem Fall muss technisch eine Unterscheidung der privaten und dienstlichen Nutzung der Tele- bzw. Mediendienste möglich sein. Ist eine solche Unterscheidung nicht möglich, so sind die Vorschriften von TDG/TDDSG bzw. MDStV auf die gesamte (also auch auf die dienstliche) Nutzung der Dienste anwendbar.

Die Protokollierung der dienstlichen Nutzung von Tele- bzw. Mediendiensten durch den Arbeitgeber ist allgemein im Rahmen der arbeitsrechtlichen Erfordernisse ("offline-Recht") gestattet. Diese muss jedoch in jedem Einzelfall geprüft werden. Jedenfalls ist eine Vollprotokollierung aller Einzelzugriffe eines Arbeitnehmers im World Wide Web unverhältnismäßig. Bei der Auswertung von Nutzungsdaten über die dienstliche Nutzung von Diensten ist darüber hinaus § 31 BDSG zu beachten, der für solche Daten eine besonders strenge Zweckbindung vorsieht. Darüber hinaus sind sowohl Protokollierung als auch Auswertung von Nutzungsdaten zweifelsfrei mitbestimmungspflichtig.

Die Protokollierung der privaten Nutzung von Tele- bzw. Mediendiensten durch den Arbeitnehmer ist dagegen grundsätzlich nicht gestattet, soweit sie nicht für Abrechnungszwecke erforderlich ist oder der Betroffene eingewilligt hat[199]. Eine Auswertung von Protokollen, die im Rahmen der Einwilligung des Arbeitnehmers erstellt werden, ist ebenfalls nur im Rahmen dieser Einwilligung gestattet. Davon unberührt bleiben die Protokollierungsbefugnisse, die sich aus der Verpflichtung zu Maßnahmen der Datensicherung nach § 9 BDSG ergeben. Diese Daten dürfen allerdings nur zu diesen Zwecken genutzt werden[200].

Private und dienstliche Nutzung von E-Mail im Arbeitsverhältnis

Auch bei der Nutzung von E-Mail-Diensten ist mit dem Obengesagten eine Unterscheidung der verschiedenen Nutzungsformen erforderlich. Diese kann beispielsweise dadurch sichergestellt werden, dass den Beschäftigten zur Unterscheidung der verschiedenen Nutzungsformen unterschiedliche E-Mail-Adressen zugeordnet werden, aus denen sich der dienstliche bzw. private Charakter der Adresse ergibt.

Der Arbeitgeber darf einzelne dienstliche E-Mails auch dann einsehen, wenn sie an einen bestimmten Arbeitnehmer gerichtet sind. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber den Zugang zu solchen E-Mails zu eröffnen. Dagegen ist eine Auswertung des gesamten E-Mail-Verkehrs (etwa durch automatisches "Scannen") durch den Arbeitgeber jedenfalls im Regelfall nicht gestattet. Besondere Regelungen gelten für spezielle Vertrauensbereiche in Betrieben, so z.B. für E-Mails, die an den Betriebsrat oder den betrieblichen Datenschutzbeauftragten gerichtet sind oder von diesen versandt werden.

Soweit eine private Nutzung von E-Mail-Diensten durch die Arbeitnehmer gestattet ist, gilt hinsichtlich der Inhaltsdaten der E-Mails sowie der Verbindungsdaten das Fernmeldegeheimnis, das durch den Arbeitgeber zu wahren ist. Der Arbeitgeber darf daher grundsätzlich nicht vom Inhalt privater E-Mails, die von Beschäftigten herrühren oder an ihn gerichtet sind, Kenntnis nehmen. Dies gilt auch, soweit ein Verdacht auf strafbare Handlungen besteht. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Staatsanwaltschaft einschalten, die dann im Rahmen ihrer Befugnisse nach der Strafprozessordnung die Daten der Beschäftigten einsehen kann.

Mitarbeiterdaten im Internet

Öffentliche Stellen des Landes Berlin gehen zunehmend dazu über, Daten ihrer Mitarbeiter (z.B. Name, Sachgebiet, Raumnummer, Telefonnummer etc.) auch im Internet zu veröffentlichen. Dagegen hatte ein Mitarbeiter einer öffentlichen Stelle gegenüber seinem Dienstherrn Widerspruch erhoben und eine Streichung seines Namens aus dem Internet-Angebot der Behörde gefordert. Nachdem dieses Anliegen mit der Dienststellenleitung nicht befriedigend geklärt werden konnte, wandte sich der Mitarbeiter an uns mit der Bitte um datenschutzrechtliche Überprüfung.

Über Aspekte des Datenschutzes bei der Veröffentlichung der Mitarbeiterdaten im Internet durch öffentliche Stellen des Landes Berlin hatten wir bereits in unserem Jahresbericht 1997 berichtet[201]. Zu den dort formulierten Grundsätzen gehörten neben einer Beschränkung auf die Veröffentlichung von Basiskommunikationsdaten von Arbeitnehmern, die Information der Arbeitnehmer und die Beschränkung der Veröffentlichung personenbezogener Daten auf Funktionsträger (zu denen z.B. der Pförtner und das Reinigungspersonal zweifelsfrei nicht zählen). Darüber hinaus hatten wir wegen der besonderen Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Mitarbeiter bei einer weltweiten Veröffentlichung ihrer Daten - nämlich auch in solchen Ländern, in denen überhaupt kein oder jedenfalls kein hinreichender Datenschutz besteht - empfohlen, den Betroffenen grundsätzlich eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Aufnahme ihrer Daten in öffentliche elektronische Verzeichnisse einzuräumen. In solchen Fällen könnte der Name beispielsweise durch das Stellenzeichen oder Ähnliches ersetzt werden.

Zwar hat die betroffene Dienststelle zunächst darauf hingewiesen, dass für eine zukunfts- und bürgerorientierte Gestaltung der Verfahren in der öffentlichen Verwaltung auch die Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten im Internet unumgänglich sei; letztendlich konnten wir die betreffende Behörde davon überzeugen, Widersprüche der Mitarbeiter im Einzelfall zu akzeptieren und umzusetzen.

Auch der Senat von Berlin hat zu unseren Ausführungen über die Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten im Internet Stellung genommen[202]. Leider wird dort der Schluss gezogen, dass gegen eine Veröffentlichung von Mitarbeiterdaten im Internet schon allein deswegen nichts einzuwenden sei, weil deren Daten bereits jetzt in gedruckten Telefonverzeichnissen über öffentliche Bibliotheken des Landes Berlin zugänglich sind. Diese Auffassung verkennt, dass im Gegensatz zu gedruckten Verzeichnissen elektronische Mitarbeiterverzeichnisse weltweit elektronisch ausgewertet und ggf. mit anderen Daten zusammengeführt werden können. Im konkreten Einzelfall kann daher eine erhöhte Gefährdung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Mitarbeiter jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Eine Gleichsetzung elektronischer und gedruckter Verzeichnisse ist nicht sachgerecht.

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5.4

Datenschutz und Medien

Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Auch im zurückliegenden Berichtszeitraum ist der Vierte Rundfunkänderungsstaatsvertrag, mit dem unter anderem die Einführung des digitalen Fernsehens reguliert werden soll, nicht verabschiedet worden. Nach den uns vorliegenden Informationen besteht nach wie vor ein Dissens zwischen den Ländern über Einzelheiten der Finanzierung der ARD.

Dagegen sind die Datenschutzbestimmungen des Entwurfs für den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, die von den Rundfunkreferenten der Länder in Abstimmung mit Vertretern der Landesdatenschutzbeauftragten gestaltet worden sind, weitgehend unumstritten. Aus Sicht der Datenschutzbeauftragten kommt es bei der Regulierung des digitalen Fernsehens vor allem darauf an, die Gestaltung der technischen Einrichtungen an dem Ziel auszurichten, dass so wenige personenbezogene Daten wie möglich erhoben, verarbeitet und genutzt werden (Prinzip der Datensparsamkeit). Die Rundfunkveranstalter sollen verpflichtet werden, die Nutzung und Bezahlung von Rundfunkangeboten anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Personenbezogene Daten über die Inanspruchnahme einzelner Sendungen dürfen für Abrechnungszwecke nur gespeichert werden, wenn der Benutzer ausdrücklich einen Einzelnachweis verlangt. Insgesamt sollen die Datenschutzbestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages mit denen des bereits existierenden Mediendienste-Staatsvertrages von 1997 harmonisiert werden, um für Mediendienste und Rundfunk einen gleichmäßigen - hohen - Datenschutzstandard sicherzustellen. In diesem Zusammenhang sollte auch das bereits im Mediendienste-Staatsvertrag enthaltene Instrument des "Datenschutz-Audits", bei dem Veranstalter ihr Datenschutzkonzept und ihre technischen Einrichtungen von unabhängigen Gutachtern prüfen und das Prüfungsergebnis veröffentlichen lassen können, eingeführt werden.

Umso bedenklicher müssen Pressemeldungen stimmen, nach denen große potentielle Anbieter des digitalen Fernsehens - insbesondere die Kabelfernseh-Tochter der Deutschen Telekom AG - den Einsatz der D-Box der Kirch-Gruppe als Standard-Decoder für digitale Sendungen im Kabelnetz befürworten. Nach unserem Kenntnisstand lässt die D-Box derzeit eine anonyme bzw. pseudonyme Nutzung der neuen digitalen Dienste nicht zu. Es sind allerdings sehr wohl technische Alternativen am Markt vorhanden, mit denen dies möglich wäre.

Vor diesem Hintergrund hat die 55.Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 19./20. März 1998 eine Entschließung zum Datenschutz beim digitalen Fernsehen gefasst, in dem nochmals die immense Bedeutung der datenschutzgerechten Gestaltung dieser neuen Dienste betont wird[203]. Die Rundfunkveranstalter und Hersteller sollten die Anforderungen des Datenschutzes schon jetzt bei der Planung und Gestaltung von digitalen Angeboten berücksichtigen.

Rundfunk-Staatsvertrag Berlin - Brandenburg

Am 3. November 1998 wurde der Erste Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit der Länder Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks abgeschlossen. Der Staatsvertrag ist unterdessen in Kraft getreten.

Der Änderungsstaatsvertrag ist durch das Gesetz zu dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks[204] in geltendes Berliner Landesrecht überführt worden.

Ziel der Änderung des Staatsvertrages war die Anpassung der Vorschriften an den Dritten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge sowie den Staatsvertrag über Mediendienste.

Die Änderung des Staatsvertrages zwischen Berlin und Brandenburg betrifft unter anderem auch die Datenschutzvorschriften: Hinsichtlich der Inhalte von Rundfunkdarbietungen ist die Vorschrift über unzulässige Sendungen um eine an die "Reality-TV-Vorschrift" des Rundfunkstaatsvertrages[205] angelehnte Regelung ergänzt worden, nach der Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, nicht in einer die Menschenwürde verletzenden Weise dargestellt oder ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben werden darf, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt. Die Einwilligung der Betroffenen ist in diesem Fall unbeachtlich[206].

Die Vorschrift über die Datenschutzkontrolle im Geltungsbereich des Medienstaatsvertrags Berlin - Brandenburg ist in der Weise geändert worden, dass künftig nur noch länderübergreifende gemeinsame Einrichtungen von dem Berliner Datenschutzbeauftragten im Einvernehmen mit der im Land Brandenburg zuständigen Kontrollbehörde überwacht werden. 207Ansonsten gilt auch hier das Sitzland-Prinzip[207].

Aus Datenschutzsicht wird sich mit der Verabschiedung des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages für den Medienstaatsvertrag Berlin - Brandenburg erneut ein Änderungsbedarf ergeben: So müssen insbesondere die dort vorgesehenen Verpflichtungen der Diensteanbieter zu anonymen oder pseudonymen Angeboten von Rundfunkdiensten und zur datensparsamen Gestaltung dieser Dienste auch in die in Berlin und Brandenburg geltenden Bestimmungen übernommen werden.

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 Letzte Änderung:
 am 22.11.1999
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